Im vorherigen Blogbeitrag habe ich kurz auf die Bedeutung der Entspannung des Unterkiefers hingewiesen und empfohlen, diesen in einer entspannten Körperhaltung freizugeben. Warum ist es nun wichtig, dass der Unterkiefer locker gehalten wird?
Unser Unterkiefer ist der stärkste Knochen im Kopf, seine tatsächliche maximal Belastung liegt bei 200 kg. Die anatomische Struktur lässt viele kleine Muskeln, sowie Bänder, die den Unterkiefer befestigen, erkennen. Muskulatur, die einen zu starken Tonus aufweist, verhindert lockere Bewegungen - in Hinblick auf den Unterkiefer lässt sich hier rückschließen, wenn die Muskulatur zu hyperton ist, sprich einen zu starken Tonus aufweist und Symptome wie Kopfschmerzen, ein verspannter Nacken, Zähneknirschen bis hin zu einem verspannten Becken auftreten können.
Ein kleiner anatomischer Sidestep:
Das Kinn dient als Schutz unserer Zähne bei einem Sturz. Der Unterkiefer ist umgeben von Kaumuskulatur. Die Muskeln ober- und unterhalb der Mandibula sind an der Bewegung des Kiefers beim Öffnen des Mundes nach vor beteiligt.
Die Nerven, die durch die mandibuläre Bewegung stimuliert werden, sind von großer Bedeutung für mindestes 38 Prozent der motorischen Muskeln, die den Körper beeinflussen, insbesondere des Halses, der Brustmuskeln und in Gegenden des Beckens. Am Unterkiefer haften 16 Muskelgruppen an, er ist eingebettet in die Kaumuskulatur und Untergrundzungenmuskulatur inklusive Wangenmuskulatur.
Der M. Masseter ist einer der kräftigsten Muskeln im Körper, der über eine große Kontraktionsstärke verfügt. Der Muskel beeinflusst den Unterkiefer stark in seiner Bewegung. Die sogenannten Pterygoidmuskeln schieben den Kiefer nach vorne und der sogenannte M. Temporalis zieht den Kiefer zurück. Allesamt fallen sie unter die Kategorie der Kaumuskulatur.
Zieht man in Betracht, dass die Muskeln paarig angeordnet sind, sprich links und rechts, kann man sich leichter in die Vorstellung begeben, was es für eine Auswirkung für den Kiefer haben muss, wenn z.B. einer der rechten Muskeln einen zu starken Tonus aufweist – der Unterkiefer wird bildlich gesprochen schief stehen.
Der tiefe Ursprung der mandibularen Bewegung liegt im oberen Nacken, dass somit die hohe Verbundenheit zwischen Mandibula und Nacken erklärt.
Verspannungen im Hals, Schmerzen im unteren Rückenbereich können durch das Lösen der hypertonen Kiefermuskulatur gelindert werden. Die Kiefermuskulatur kann mit Massagetechniken und Craniosacralarbeit gelockert werden.
Auch kannst du dir selbst Erleichterung verschaffen, indem du den Kiefer bewusst locker hältst, und du die Grundstellung von Qi Gong einnimmst, die wie folgt aussieht:
Stelle deine Füße schulterbreit hin, die Fußaussenkanten sind parallel zueinander. Erlaube dir, leicht in die Knie zu gehen und kippe dein Becken nach vorne, indem du dir vorstellst, dass an deinem Steißbein ein dünner Faden befestigt ist und vor dir jemand steht und leicht daran zieht – deine Wirbelsäule wird sich automatisch aufrichten.
Öffne deinen Brustkorb, indem du deine Schultern beim Einatmen nach vor und nach oben rollst und beim Ausatmen nach hinten unten, so dass deine Schultern in einer entspannten Position nach hinten unten landen und dein Brustkorb frei in seiner Atmung wird. Deine Hände parken locker neben deinen Körper. Zu guter Letzt gib deinen Unterkiefer frei.
Gönne dir in dieser Position eine Bauchatmung. Gerne kannst du hier ein paar Minuten verweilen, und wenn es dir leichter fällt, lege deine Hände auf deinem Unterbauch ab und unterstütze dich so in deiner Bauchatmung.
Eine zweite Möglichkeit, dich selbst zu unterstützen, wenn du bemerkst, dass dein Kiefer angespannt ist:
Finde mit deinem Mittel- und Zeigefinger dein Jochbein, streiche sanft und doch mit einem angenehmen Druck bis zum Unterkiefer in drei Bahnen. Du kannst diese Streichung 3 bis 5x wiederholen. Bemerke dabei, wie dadurch dein Kiefer in die Entspannung kommen kann.
Bitte beachte, dass jegliche Fehlstellung und anhaltende Schmerzen von einem Kieferorthopäden deines Vertrauens abgeklärt werden müssen, bevor du dich in eine körpertherapeutische Behandlung begibst bzw. dich durch Selbsthilfe unterstützt.
Interessant zu erwähnen ist, dass unser Unterkiefer auch auf seelischer Ebene eine große Rolle spielt - man bedenke schon alleine den Ausdruck von Mimik.
Der seelische Bezug - was steckt dahinter?
Man sagt, alles was nicht ausgesprochen wird, speichert sich im Unterkiefer ab. Man kann sich vorstellen, umso mehr man sich zurückhält, desto „verbissener“ wird die Mimik sein und umso stärker werden sich die Muskeln kontrahieren.
Ein jeder kennt den Spruch „Zähne zusammenbeißen und durch“ – auch hier ist das Resultat meist eine angespannte Kiefermuskulatur, die sich wiederum auf den Nacken und in weiterer Folge auf den Rücken und das Becken auswirken kann.
Mandibula steht in enger Verbindung mit Vishuddha, unserer Kehlseele. Vishudda steht für Ausdruck und Aufnahme. Versetzt man sich zurück in die Steinzeit, haben unsere Brüder und Schwestern von damals unter anderem die Zähne gefletscht, um Raubtiere zu vertreiben. Sie rissen und bissen mit ihren Zähnen ungekochte Wurzeln, Körner und mahlten diese. Dementsprechend war der Unterkiefer ausgeprägter als das unsrige heute. Seit jeher steht es für Ausdruck von Freude, zittern bei Ängsten und für seinen fragenden Ausdruck in unklaren Situationen.
Du siehst also, jegliche Betrachtungsweise führt zu demselben Ergebnis – halte dein Kiefer locker und sei entspannt😊
Bei Fragen kannst du dich gerne an mich wenden.
Ich freue mich von dir zu hören.😊
❤️Claudia
Mein Blog wirkt unterstützend, er ersetzt weder eine ärztliche Abklärung noch eine schulmedizinische oder therapeutische Behandlung
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